[ Benin-Bronzen ]
Je nun, sie haben ihr Teil genossen.
Er sitzt er schaut
Er sitzt und er schaut
Der Junge umgeben von Rissen und Farben
Artefakte spähen, ihre Nasen am Glas
Er starrt zurück, verwirrt, ein wenig ängstlich, ein wenig verletzt
Der Blick, leicht in den Farben zu verlieren
Aber hier ist Ähnlichkeit, obwohl es gestohlen und aus der Form gebogen wird
Es gehört noch nicht hierher, es bleibt, starrt und starrt und erkennt nie seinen Platz.
Und was ist denn üblich?
Sollte er nicht daran gewöhnt sein, seine Kultur hinter Glas zu sehen,
egal wo, egal an welchem Ort, egal zu welcher Zugehörigkeit?
Man lebt.
Auch das Schöne hat Flecken, das kann man wohl sagen,
Das geht euch nichts an.
Er sitzt. Er schaut.
Er sieht anders aus, er weiß.
Angst essen Seele auf.
Seine Augen brechen durch seine eigene Farbe, während er die Bronze, das Spiegelbild und die verlegten Merkmale fokussiert.
Gehört nicht.
Alles bleibt beim Alten.
Je nun, sie haben ihr Teil genossen.
Ich hätte gerne Herrn Heinrich Schliemann gefragt, wie es sich anfühlt. Wie fühlte es sich an zu glauben, dass man das Recht auf etwas hatte. Wie fühlte es sich an, sich so vollständig dazugehörig zu fühlen, dass es einen solchen Platz für Sie in der Geschichte gab, dass Sie dazu bestimmt waren, ihn auszugraben, zu stehlen, Ihre Frau darin einzukleiden. Fühlt es sich nach Erfolg an? Sind Sie sich dessen bewusst? Tut es manchmal weh? Oder ist es Ihnen nie aufgefallen, Herr Schliemann? Ist Ihnen noch nie aufgefallen.
Was haben Sie gedacht, als Sie Troja gefunden haben, Herr Schliemann? Wenn das Glück einen zum Herzenswunsch führt. Waren Sie andächtig, demütig oder hatten Sie einfach das Gefühl, nach Hause gekommen zu sein? Dass Sie dorthin zurückgekehrt sind, wo Sie schon immer hingehört haben. Es ist ein Privileg, sich in die Geschichte einzuprägen. Ständiger Sieger. Alle hören hin.
Pergamon beschreib Schliemann als Entdecker, als Abenteurer, tapfer, mutig, beeindruckend. Nie als Dieb. Nie als Dieb. Das Humboldt Forum zeigt die Bronzen. Den Diebstahl exponiert. Können sie wissen, wie es sich anfühlt, wenn die eigene Welt vereinfacht, geplündert, zurückgegeben, zurückverkauft wird, als etwas zum Anschauen, als etwas Exotisches? Etwas, das einem nicht mehr gehört, sondern den anderen. Man weiß: sie sind diejenigen, die es wirklich zu schätzen wissen. Oder sind sie diejenigen, die es sich wirklich leisten können?
Geschichte wird genommen, entfernt, neu verpackt, missverstanden. Geschichte ist formbar. Mit den richtigen Werkzeugen und den richtigen Worten können einige die Geschichte zu ihrer eigenen machen. Man kann sie umschreiben. Eure Paläste sind leer.
Er sitzt und er schaut. Er friert im Museum. Dort ist es kalt, kalt wie unbekannt, wenig einladend, other. Aber als er auf die Bronzen starrt, fangen sie glühend an zurückzustarren. Etwas wird inmitten all dieses Feuers und all dieser Wut heraufbeschworen, ihre Wut über ihre Gefangenschaft in einem Heim, das ihnen nicht gehört. Das Gold spiegelt sich in seinen Augen und er sieht sich selbst, sieht sich tanzen.
Tanzen ist atmen, ist fühlen, ist sich winden. Und was sehen sie, wenn sie dich ansehen? Was fühlen sie? Eine Parodie, ein Witz, eine Show, eine Attraktion. Nicht Schönheit, Schönheit, Schönheit, die aus jedem angespannten Glied und Muskel nach außen rollt und dein ganzes Wesen mit Faszination durchdringt. Die Faszination, die aus jeder Pore deiner melaninreichen Haut strömt, die sich über die Farben deiner Verzierungen ergießt. Schwarz sein heißt verletzlich sein, heißt offen sein, verschlossen sein, Angst haben, sich nicht entschuldigen. Der Tänzer schreitet zur Mitte. Zum Rampenlicht. Er kann das Publikum nicht sehen. Können sie ihn sehen? Oder sehen sie nur die Farben, die Extravaganz, die Helligkeit seiner Brillanz? Was ist zu leisten? Sollte er Angst haben? Kann er atmen? Es bleibt keine Zeit zum Nachdenken, als er den Tanz beginnt, den Tanz, der niemals endet. Denn wann darf die Aufführung enden, wann ist die Atempause erlaubt?
Herr Schliemann sitzt in der ersten Reihe, eine Benin-Bronze auf dem Schoß. Er streichelt sie liebevoll und besitzergreifend, während er dem Jungen beim Tanzen zusieht. Die Brücke-Künstler sitzen direkt hinter ihm und skizzieren den Jungen wie wild. Kirchner konzentriert sich auf das Gesicht, den komisch breiten Mund, die Übertreibung der schlanken Hüften des Jungen. Die Mitglieder der Afrika-Konferenz schauen aus dem Schatten zu. Sie haben gutes Geld in den Jungen investiert. Sie müssen sich jedoch nicht wirklich auf einen einzelnen Darsteller konzentrieren. Stattdessen beobachten sie das Publikum. Wie reagieren sie? Was halten sie von diesem einen „other“, dieser zentralen Attraktion auf der Bühne? Wie können sie davon überzeugt werden, den Jungen so zu sehen, wie sie es tun, nicht als Person, sondern als Ware? Sie beobachten die Gesichter ihrer Zuseher und sind zufrieden.
Der Junge steht in der Mitte der Bühne und starrt trotzig zurück. Starrt mit vorwurfsvollem Blick auf die Geschichte und seine Lippen beginnen zu zittern. Da ist ein Schrei in ihm, der platzt und platzt und platzt. Es beginnt, wenn er die Straße entlang geht, ein leises Stöhnen in der Brust, und dann beginnt es zu steigen. Mit jedem Moment wird der Ton lauter und lauter, mit jeder Ungerechtigkeit, mit jeder Beleidigung, schwillt er an. Er füllt sich mit diesem Lärm, mit dem Hass, er glüht, er füllt sich, bis ihm übel wird, und dann fängt er an zu tanzen und er schreit. Der Schrei hallt laut in seinen Ohren, aber er tanzt weiter, vorbei an dem Applaus, vorbei an dem Spott. Schwebend weint er, aber er kann die Tränen nicht fühlen. Er sieht seine Teufel an und lacht.
Er sieht Geschichte. So wie sie ist, mehr nicht. Ohne Schnörkel, ohne Ego, weder Held noch Bösewicht. Er sieht Geschichte. Und er grinst.
Schöner Beitrag zur Dekonstruktion der Deutschen Kolonialgeschichte.