Text 12 – 2024

[ Etwas Honig lockt im kalten Wasser – wagst du es zu trinken? ]

Umworben von der Kenntnis Zeichen,

eisern, kalt, nahm er die Frucht und

aß davon, der Mensch, bereits verloren,

und schritt entschieden in des Lebens enge Schlucht.

Der Mensch, das bist auch du. Du wirst’s auch bleiben,

wir hoffen, noch für eine lange Zeit.

Schon bald schlug ihn der Alltag fest in seinen Bann,

ihm war vor Jahrmillionen seine Zeit nicht lang,

dank Hungers, bittrer Armut, heiß umkämpfter Glut,

dank bissiger Manieren wilder Tiere,

dank Nächten, aufgeschreckt von bösen Mächten.

Nein, öde war’s dem Menschen – dir! - da nicht,

entschlossen, unnachgiebig trugst du dein Gewicht,

Werkzeug, Stamm, Wort, Sitte warn geschaffen;

daraufhin schufst du dein Gesicht.

Geschlagen hat die Uhr, dann, neue Stunden.

Nicht mehr an einen einz‘gen Ort warst du gebunden:

Dich gab‘s in Rom, Karthago und Athen

und Schritt um Fortschritt bist du weit gesprungen.

Dein Ruhm war auch für trübste Augen klar zu sehn.

Gedanken schwirrten schwer dir durch den Kopf,

so schwer, dass selbst die Augen Schmerzen litten.

Legt weite Seelengleise zwischen eure Ohren!

Die Kühnheit deiner Kreise – unbestritten.

Zweifel – Was ist der Tod? – ein Kleinod, auch eure Methode,

Erdenkt geniale Fragen, wenn nicht sogar die besten.

In Büchern aufgeschrieben nebst den Resten,

Juristerei und Steuererklärungssätzen,

die schriebt ihr neu und wieder neu,

so alle zwanzig Jahre,

weil es Papiere noch nicht gab,

nur Pergamente.

Der Jahre nicht so vieler später,

als die antiken Griechen aussichtslos verdorben, alle,

die Römer, frech geworden, auch verdorben,

und übrigens Karthago endlich auch zerstört;

den Cato freut’s, doch schon macht man sich neue Sorgen,

bis warmer Wind der Renaissance weht:

Wie füllt man das, nach wessen Gehn manch stille Lücke wartend steht?

Der Schritt aufs Schlachtfeld: Fehltritt. Frieden schloss

noch nie ein Krieg, wo Kugelblei schoss

Menschenherz im Leben und im Tod entzwei.

„Bedenke, dass du sterblich bist!“, so hieß es,

doch denke nicht zu viel, bleib lieber doch beim Leben.

Je älter, aufgeklärter du geworden bist,

Wissenschaft, Literatur, Philosophien,

Staatstheorien, unsichtbare Arme

hattest du aufgehoben und entwickelt,

standest, du kleiner Gott der Welt,

vor gut einigen Toren und meintest,

du hättest auf der Welt als einziger das Recht.

Im Namen teurer Freiheit, großer Macht

haben wir vergessen, bevor ein Blinzeln

noch passierte, dass keine Schlacht

sich ohne Blut und Tränen kämpfen lässt.

Die zwei großen brachten – bringen – uns zuletzt,

inzwischen auch bewusst, zum Schwindeln.

Doch wie steht’s jetzt um uns, uns reiche Tröpfe

im windig-wüsten Himmel? Wir fallen

durch die Zeit und manche meinen, dass wir fliegen,

am Ende fraglos siegen oder kategorisch nicht.

An Zuversicht gebricht

es mir beim Glauben,

dass wir uns, je nach Farbe oder Wert,

verschließen solln in unsre blind-binäre Welt.

Als wäre wirklich die synaptische Prothese

in höchsterwünschter künftiger Synthese,

die, künstlich klug uns durch Signale leitend,

stets „böse Geister“ Liliput und Lalaland,

ganz gleich, ob neu oder bekannt,

abspielen würde, Dopaminreisen begleitend,

uns irrend, wirrend, unterbringend.

Doch könnten wir gelangen auch an schönre Orte,

durch menschlicheres Streben, weise warme Worte,

durch Scherze und geteilte Schmerzen,

vielleicht, an off’ne Pforten, auch in fremde Herzen.

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